Objekt des Monats Dezember 2021

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.

Das Objekt des Monats Dezember 2021 besteht aus zwei Rechenhilfsmitteln. Diese stammen aus dem Nachlass eines Handwerksmeisters, der sie für seinen Malerbetrieb nutzte. Mit ihnen errechnete er die zu streichenden Flächen, kalkulierte Kosten und erstellte seine Rechnungen. Auch die Entlohnung seiner beiden Angestellten wurde damit berechnet.

 

Heute gibt es spezielle Computerprogramme, die für die Buchhaltung und die Kalkulationen im Betrieb der jeweiligen Branche entwickelt wurden.

Da es 1959 weder PC noch die entsprechenden Programme gab, musste die gesamt Buchhaltung noch von Hand geschrieben und errechnet werden.

Doch die Firma ADDIATOR Rechenmaschinen aus Ludwigsburg hatte Lösungen, um zumindest das Rechnen einfacher und schneller zu gestalten.

Sie bot für zusammen 154.- DM die Addimult mit der Multi-Divi Rechentabelle an. Im Vergleich dazu betrug der durchschnittliche Monatslohn im Jahre 1959 etwa 195.- DM. So kam die Anschaffung damals einer heutigen kompletten EDV Ausstattung mit PC und Laserdrucker gleich.

 

Die Addimult:

Der Verkaufsprospekt versprach:    „Moderne Konstruktion mit zwei Rechenwerken“

                                                              „Besonders übersichtliches Rechenfeld“

                                                              „Geätztes Messinggehäuse“

                                                              „Weicher, geräuschloser Lauf“

                                                              „Praktisch unbegrenzte Haltbarkeit“

                                                              „3 Jahre volle Fabrikgarantie“

Die Addimult gehört zu den Zahlenschiebern. Das sind keine Rechenmaschinen im herkömmlichen Sinn – sie besitzen keine Zahnräder und es gibt auch keinen automatischen Zehnerübertrag. Die Addimult besitzt für jede Dezimalstelle einen Schieber. Die schwarzen und goldenen Flächen definieren von rechts gesehen zuerst die beiden Nachkommastellen. Auf der Fläche links daneben befinden sich die drei Stellen der Einer, Zehner, Hunderter, usw.

Die Zahlen werden eingestellt, indem man den dazu gelieferten spitzen Metallstift in das Einstellloch rechts neben der Zahl steckt und bis zum Anschlag nach unten zieht.

Die Anzeige oberhalb des Schiebers zeigt nun den eingestellten Zahlenwert.

 

 

 

Will man nun 55,77 DM mit 33,85 DM addieren ist wie folgt vorzugehen:

Zuerst stellt man den ersten Summanden, hier die 55,77 an den Schiebern ein. Die Sichtfenster oben zeigen 55 77 an.

Der zweite Summand wird dann von rechts nach links aufaddiert.

Hierfür steckt man den Rechenstift in das Loch neben der 5, an der „1-Pfennigstelle“.

Hier fällt auf, dass das Loch in einem roten Bereich liegt. Das ist der Hinweis dafür, dass der Stift nicht nach unten, sondern nach oben und um den Bogen nach links, bis zum Anschlag, geführt werden muss.

Dadurch erfolgt auf der „10-Pfennigstelle“ ein Übertrag.

Das Ergebnis nach dieser ersten Addition zeigt: 55,82.

Der nächste Schritt ist die Addition der 8 an der „10-Pfennigstelle“.

Der Rechenstift neben der 8 sitzt wieder im roten Bereich, was zur Folge hat, dass er wieder nach oben gezogen werden muss.

An der dritten Stelle, der „1-Markstelle“, ist nun eine 3 aufzuaddieren.

Hier liegt der Stift im weißen Bereich. Er wird deshalb nach unten bis zum Anschlag geführt. Auch bei der „10-Markstelle“ liegt die 3 im weißen Bereich, folglich zieht der Stift nach unten.

Das Ergebnis unserer Addition ist 89,62.

Soll nun hiervon ein Rabatt von 13% abgezogen werden, muss das zweite Rechenhilfsmittel unseres Objektes des Monats zur Hilfe genommen werden.

Die Multiplikationstabelle Multi-Divi.

Wie der Name schon sagt, ist dies ein ca. 500-seitiges Buch mit Multiplikationstabellen.

Im ersten Teil finden sich die 3-stelligen Multiplikatoren. Für sie sind die Tabellen in Einer-Schritten von 101 bis 999 ausgeführt.

Bei den 4-stelligen Multiplikatoren im hinteren Teil sind die Tabellen in 5er-Schritten aufgeführt.

Im Mittelteil des Buches sind verschiedene Tabellen enthalten. Sie sind für Brüche, für die Umrechnung auf ausländische Maße, für Potenzberechnungen, Logarithmus- und Wurzelberechnungen, sowie für reziproke Werte, Kreisumfang und Kreisfläche.

Wir wollen nun von unserem zuvor errechneten Betrag von 89,62 DM einen Rabatt von 13% abziehen.

Geschickterweise rechnet man nun 89,62 x 0,87, und erhält somit gleich den Endbetrag. Da wir aber die Subtraktionsfunktion unserer Addimult demonstrieren wollen, wählen wir die umständlichere Methode und berechnen 89,62 x 0,13 und ziehen das Ergebnis mit Hilfe der Addimult ab.

Ein Blick in die 4-stelligen Tabellen unseres Buches zeigt, dass unser Multiplikator, also die 8962 (die Kommastelle müssen wir uns hinzudenken) nicht in der Liste auftaucht. Es existieren nur Spalten mit den Multiplikatoren 8955 und 8965.

Wie gehen wir nun vor?

Wir teilen den Multiplikator! Bei unserer Zahl bietet sich an, die ersten drei Stellen, also die 896 mit 13 zu multiplizieren, um danach die 2 mit 13 zu multiplizieren und die Summen zu addieren.

Da in der 3-stelligen Tabelle alle Multiplikatoren aufgeführt sind, finden wir rasch das Ergebnis.

Wir drücken den Daumen auf die 90 des 800er Registers und schlagen die Seite auf. Oben rechts befindet sich die 896er Spalte. Die Liste bis zur 13 nach unten gehend finden wir das Resultat: 11648.

 

 

Da wir aber eigentlich die 8960 mit 13 multiplizieren wollen, müssen wir noch eine „0“ anfügen.

Die „2“ multiplizieren wir mit 13 im Kopf und das Ergebnis, die 26, wird mit 116480 addiert. Das Ergebnis unserer Multiplikation: 8962 * 13 = 116506.

Da wir zwei Zahlen mit je zwei Nachkommastellen multipliziert haben, wandert das Komma in unserer Zahl an die vierte Stelle, was bedeutet, dass wir gerundet 11,65 DM von unserem zuvor errechneten Betrag abziehen müssen.

Dafür nehmen wir nun wieder unsere Addimult und kippen sie nach unten um auf ihrer Rückseite weiterzurechnen. Diese Seite dient zur Subtraktion, was der Schriftzug oben zeigt. Die 89,62 DM ist noch immer eingestellt. Hiervon ziehen wir nun 11,65 DM ab.

Wir schieben nun wieder von rechts beginnend mit dem Rechenstift die zu subtrahierende Zahl ein.

Wir setzen den Stift in das Loch neben der 5 und sehen, dass es im roten Bereich liegt, was zur Folge hat, dass wir den Stift nach oben und nach links um die Ecke führen, was zu einem negativen Übertrag an der zweiten Stelle zur führt.

An der „10-Pfennigstelle“ ziehen wir die 6 ab und sehen, dass das Loch neben der 6 ebenfalls im roten Bereich liegt. Folglich wird wieder der Stift nach oben und um die Ecke gezogen.

Bei der „1-Markstelle“ ist nun das Loch neben der 1 im weißen Bereich, also muss der Stift bis zum Anschlag nach unten gezogen werden.

So auch bei der „10-Markstelle“.

Das Ergebnis unserer Berechnungen sehen wir nun oben in den runden Sichtfenstern: 77,97 DM.

Klappen wir nun die Addimult wieder zurück auf die Additionsseite, so sehen wir, dass das Ergebnis auch dahin übertragen worden ist.

So kann ohne Übertragung der Zwischenergebnisse, zwischen Addition und Subtraktion hin und her gesprungen werden.

Die Nullstellung des Addimult geschieht durch ziehen des schwarzen Bügels oben.

 

Fazit:

Im Falle unseres einfachen Beispiels wäre es schneller und geschickter gewesen, die Berechnung händisch auf Papier zu lösen, denn auch die beiden Rechenhilfsmittel nehmen dem Benutzer nicht ab, die Kommasetzung richtig zu interpretieren.

Wie bei der Nutzung mechanischer Rechenmaschinen oder des Rechenschiebers war hier Mitdenken gefragt!

Bei umfangreicheren Berechnungen aber war die Kombination von Tabellenwerk und Addimult – bei etwas Routine – ein großer Vorteil.

Wer diese beiden Rechenhilfsmittel bestaunen oder selbst ausprobieren will, kann gerne an einem Donnerstag zur Zuse-Vorführung kommen oder unter Tel. 09131/8527027 einen Termin vereinbaren.

Ausgestellt im RRZE, Martensstraße 1, 1.Stock, Im „ZUSE-Raum“, 1.009

 

 

Quellen:

Bedienungsanleitung der Multi-Divi Rechentabelle

Bedienungsanleitung der Addimult