Objekt des Monats Mai 2020
Objekt des Monats Mai
In diesem Monat ist unser Objekt des Monats eine mechanische Rechenmaschine, die Walter WSR 160.
Geschichte der Walther WSR 160
Die Walther WSR 160 war eine der meist verkauften mechanischen Rechenmaschinen Europas und wurde von 1956 bis 1968 von der Walther-Büromaschinen GmbH in Niederstotzingen produziert. Unsere Maschine mit der Seriennummer „206100“ weist auf eine sehr späte Produktion von Anfang 1968 hin. Insgesamt wurden über 80.000 WSK160 produziert. Die Firma Walther hat von Produktionsbeginn 1924 an die Seriennummer fortlaufend vergeben. Laut einem Artikel von Martin Reese des I.F.H.B. begannen die Nummern bei ca. 127.000 zu Produktionsbeginn 1956 und endeten bei etwa 210.000 im Jahre 1968.
Die ISER hat 7 Maschinen des Typs WSR 160 in ihrem Fundus und deckt mit den Seriennummern 129052 und 206100 beinahe den gesamten Produktionszeitraum ab. Die Walther ist 29,5cm breit, 15,5cm tief und 13,5cm hoch. Sie wiegt 4,6 kg.
Gegründet wurde die Firma 1886 in Zella-Mehlis als Büchsenmacherei. Da nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland keine Waffen mehr produziert werden durften, nahm die Firma 1924 aus der Not heraus die Rechenmaschinenfabrikation auf. Für beides ist höchste Präzision erforderlich.
Kosten 1958: 600,0 0DM (Monatslohn 1958 ca. 500.- DM). Heute würde sie ca. 3000,- Euro kosten.
Interessant ist, dass eine Preisliste von 1968 die Maschine immer noch einen Preis von 610.- DM nannte.
Aufbau der Walther 160
Es ist eine Vierspezies-Sprossenradmaschine. Das Sprossenrad ist ein Zahnrad, dessen Zähnezahl durch Ein- und Ausfahren zwischen null und neun Zähnen variiert werden kann. Erfunden wurde diese Technik 1709 von Poleni in Padua. Sie hat 10 Stellen im Einstellwerk, 8 Stellen im Umdrehungszählwerk, und 16 Stellen im Resultatwerk. Außerdem besitzt diese Maschine die Funktion der Rückübertragung aus dem Resultatwerk ins Einstellwerk mit nur einer Hebelbewegung. Daher die Bezeichnung „WSR“ – „Walther Schnellrechner“.
Hier im Bild sind die einzelnen Komponenten bezeichnet. Groß in der Mitte sieht man das Einstellwerk, in dem man mittels Schieber die zu bearbeitende Zahl einstellen konnte. Darüber befindet sich das Kontrollwerk, dass die eingestellte Zahl anzeigt. Mit den weißen Kommaschiebern kann man entsprechende Marker für Komma, Tausender und Millionen setzen. Unten, auf einem verschiebbaren Schlitten, befinden sich das Resultatwerk und das Umdrehungszählwerk. Auch hier sind verschiebbare Kommamarker angebaut.
So schiebt man bei einer Multiplikation mit je zwei Nachkommastellen den Kommaschieber im Resultatwerk gleich auf die Position zwischen der „4“ und der „5“, um die richtige Anzahl der Nachkommastellen im Ergebnis zu erhalten. Mit der Handkurbel, deren Griff gezogen werden muss um sie aus der Grundposition heraus bewegen zu können, dreht man bei einer Addition im Uhrzeigersinn und bei einer Subtraktion gegen den Uhrzeigersinn.
Am Ende eines Kurbelvorgangs muss sie wieder eingerastet in der Grundposition stehen, Sonst lassen sich keine weitere Aktionen, wie Löschung, Schlittenverschiebung und Änderungen am Einstellwerk durchführen. Wenn man den großen Löschhebel zieht, werden Umdrehungszählwerk und Resultatwerk gemeinsam gelöscht. Mit dem kleinen weißen Wahlhebel kann aber die Löschung auf das Umdrehungszählwerk oder das Resultatwerk beschränkt werden.
Von den beiden oberen Hebeln ist der linke weiße Hebel für das Löschen des Einstellwerks zuständig. Mit dem rechten, rote Hebel setzt man die Funktion der Rückübertragung des Inhalts im Resultatwerk in das Einstellwerk. Das spart viel Zeit und schützt vor Fehlern, die bei der manuellen Übertragung entstehen können. Aktiviert wird die Übertragung durch das Ziehen des großen Löschhebels für das Resultatwerk. Umdrehungszählwerk und Resultatwerk sind auf einem Schlitten aufgebracht, der mit den Pfeiltasten bei der Kurbel verschoben werden kann. Die kleinen roten Pfeile zeigen dabei an, an welcher 10er Position sich der Wagen befindet.
Das Sprossenradprinzip
Bei diesem Prinzip werden durch das Verschieben des Hebels, entsprechend seiner Stellung, die Anzahl von Nocken aus dem Rad herausgerückt, die dem eingestellten Wert entsprechen. Bei jeder Kurbelumdrehung greifen dann diese Nocken in das Zahnrad des Resultatwerks ein und drehen es um die Anzahl weiter.
Unten im Bild sind von rechts nach links die Werte von 0 bis 9 eingestellt. Die ausgefahrenen Nocken sind mit einem roten Punkt gekennzeichnet.
Die beiden unten stehenden Bilder zeigen die Mechanik des Zehnerübertrages. Der vorgedrückte Hebel schiebt auf dem Sprossenrad eine bewegliche Nocke zur Seite, sodass diese bei der nächsten Kurbelumdrehung eingreift und das Zahnrad des Resultatwerks wie eine eingestellte Nocke des Sprossenrades weiter dreht.
Die Walther WSR 160 ist eine sehr robuste Rechenmaschine, was sie auch bei unserer 3-monatigen Ausstellung im Museum Industriekultur unter Beweis stellen konnte.
Unser Exemplar war bei einer „Hands-On Station“ auf einem Tisch montiert. Hier konnten die Besucher selbst Hand anlegen und nach einer Vorlage Berechnungen durchführen.
Da mitunter Schüler nicht besonders behutsam mit Ausstellungsstücken umgehen wird oftmals geraten, solche Stationen „vandalensicher“ zu gestalten.
Unsere Maschine hat die vielen Tausend Besucher bestens überstanden und funktioniert noch wie am ersten Tag ihrer Auslieferung. EA.
Quellen:
Wikipedia
www.rechnen-ohne-strom.de/rechner-galerie/4-spezies-sprossenrad/walther/
www.rechenkasten.de/Walther/index.html
www.ifhb.de/Aktuell/Walther-Reese.pdf
Wo kann man das Objekt anschauen?
Wer sich diese Maschine näher anschauen möchte, kann an einem Donnerstag (sobald wieder Führungen stattfinden) zur Zuse-Vorführung vorbei schauen oder unter Tel. 09131/8527027 einen Termin vereinbaren.